Schluss mit religiös begründeter Diskriminierung
an öffentlichen Schulen in Nordrhein-Westfalen!
Atheistische Richard-Dawkins-Bekenntnisschule in den Startlöchern
Neben den bestehenden 879 katholischen, 94 evangelischen und 2 jüdischen Bekenntnisgrundschulen soll zum Schuljahr 2015/16 erstmals eine staatliche atheistische Grundschule (AGS) den regulären Schulbetrieb aufnehmen. Wie die Giordano-Bruno-Stiftung und der Koordinierungsrat säkularer Organisationen mitteilten, haben das Land NRW und die Stadt Düsseldorf als Träger der neuen Einrichtung grünes Licht für die “Richard-Dawkins-Grundschule” gegeben, die wie die anderen Bekenntnisschulen im Bundesland zu hundert Prozent aus allgemeinen Steuermitteln finanziert wird. Bis 2020 sollen weitere 12 solcher Schulen folgen.
“Es war kein Problem, Lehrkräfte für die erste Schule dieser Art zu finden”, so Rainer Ponitka vom Internationalen Bund der Konfessionslosen und Atheisten, der die Schulgründung intensiv begleitete. Ponitka erläutert: “Voraussetzung ist lediglich, dass alle Lehrerinnen und Lehrer während ihrer Lehrtätigkeit an der Schule keiner Kirche oder Religionsgemeinschaft angehören. Ob sie ihre Religionslosigkeit auch leben, überprüfen wir nicht, sie müssen auch kein Nichtglaubensbekenntnis ablegen. Wir gehen davon aus, dass sich die ein oder andere Lehrkraft beworben hat, die privat auch als Taufpate fungiert oder an Weihnachten in die Kirche geht. Damit haben wir aber kein Problem, solange sie damit vor den Kindern diskret umgehen. Das Interesse von Seiten der Lehrkräfte ist auf jeden Fall schon jetzt riesig.” Im Religionsunterricht dieser Schulart wird Evolution und Skeptizismus gelehrt. Eine Abmeldung von diesem Fach ist nicht vorgesehen, da es sich formal um eine Bekenntnisschule handelt und entsprechend die gleichen Regeln gelten wie an den anderen Bekenntnisschulen auch. Statt eines 14-tägigen Gottesdienstbesuchs stehen regelmäßige Besuche des Düsseldorfer Zoos im Schulprogramm.
Die Lehrbefugnis in dem neuen Fach wird nach Abstimmung mit dem Schulministerium des Landes im Rahmen eines Wochenendseminars mit einer abschließenden Prüfung zu wichtigen Werken von Darwins, Dawkins, Harris und Hitchens erteilt. Michael Schmidt-Salomon, gerne als Papst des deutschen Atheismus tituliert, will unbedingt im Prüfungsausschuss vertreten sein. Er erläutert: “Die Grundbegriffe des Atheismus sollten die Lehrkräfte, die die Lehrerlaubnis in unserem Atheismusunterricht erhalten wollen, auf jeden Fall beherrschen. Wir sind insofern sehr liberal, als wir viele Wege zulassen, die Nichtexistenz Gottes zu beweisen.”
Eine Aufnahme von Kindern aus religiös orientierten Familien soll unter der Voraussetzung möglich sein, dass die Eltern sich ausdrücklich mit einer religionsfreien Unterrichtung und Erziehung einverstanden erklären. “Ob das aber zu Hause auch gelebt wird, überprüfen wir nicht”, so Jacques Tilly, bekannt als Gestalter der Düsseldorfer Karnevalswagen. “Meist ist das ja ohnehin eine Fassade, Viele sind nur zu faul, auszutreten. An unserer Schule werden die Kinder auf jeden Fall lernen, welche Rechte sie haben, sobald sie religionsmündig sind, und wie das mit dem Austritt geht.”
Laut Ponitka fiel die Entscheidung für diesen ungewöhnlichen Schritt nicht leicht: “Wir haben intern lange diskutiert, ob wir diesen Weg gehen sollen, da wir die Institution der staatlichen Bekenntnisschule bisher immer abgelehnt haben. Aber solange es sie gibt, wollen wir auch freidenkerischen Eltern eine Alternative bieten. Außerdem stört es uns einfach, dass viele Lehrerinnen und Lehrer aus Angst um ihren Job nicht zu ihrer Religionslosigkeit stehen.” Die weitgehend reibungslosen Diskussionen mit dem Schulministerium und der Stadt Düsseldorf erklärt er sich mit dem Rücktritt Kardinal Meisners als Kölner Erzbischof.
Die CDU-Fraktion im Landtag ließ erklären, dass man den Schritt als Bestätigung im Bestreben sehe, Eltern im Bildungsbereich keine Monokultur zu bieten. Kardinal Meisner meldete sich aus dem Ruhestand und erklärte, dass ihm jedes Kind an einer katholischen Schule zehn mal so viel wert sei wie jedes atheistische Kind. Dennoch werde er auch diese in sein Gebet einschließen. Schulministerin Löhrmann war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
Einen kleinen Wermutstropfen sieht die Giordano-Bruno-Stiftung darin, dass zeitgleich in Mönchengladbach und Paderborn je eine islamische Bekenntnisschule starten soll. Man sei aber zuversichtlich, dass es unter der nach wie vor geltenden Bedingung eines konfessionell homogenen Lehrkörpers anders als an den atheistischen Schulen auf absehbare Zeit nicht genug muslimische Lehrkräfte geben werde, damit weitere Schulen den Lehrbetrieb aufnehmen könnten.
Bonn, 1. April 2014