Kruzifix – kurz vor der Endzeit

Kruzifix – kurz vor der Endzeit

Am 2. Februar 2016 gibt es diesen Film im Salon des Amateurs, Grabbeplatz 4, 40213 Düsseldorf um 20:00 Uhr zu sehen.

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Im Mai 1995 hatte das Karlsruher Bundesverfassungsgericht eine Vorschrift der Bayerischen Volksschulordnung für verfassungswidrig und nichtig erklärt, nach der in allen bayerischen Volksschul-Klassenzimmern ein Kruzifix oder Kreuz anzubringen sei. In der daraufhin erarbeiteten Neufassung des Gesetzes übernahm jedoch die bayerische Regierung die Vorschrift aus dem alten Gesetzestext, begründete dies mit geschichtlicher und kultureller Prägung und erweiterte das Gesetz lediglich um einen Zusatz, in dem für den “atypischen Einzelfall” eine Konfliktlösung angeboten wurde. Dieses konservative Festhalten der bayerischen Politik an dem religiösen Symbol sollte 1996 im Düsseldorfer Karneval mit einem Motivwagen thematisiert werden, der nach einem Entwurf des Illustrators und Bildhauers Jacques Tilly drei Narren am Kreuz und eine Tafel mit der Aufschrift “Karneval in Bayern” zeigen sollte.

Da zu diesem Zeitpunkt die regionale Presse noch vorab über die Karnevalsmotive der Düsseldorfer berichten konnte, hatte sich aufgrund des “lästerlichen” Karnevalsmotivs eine Gruppe empörter Christen formiert. Die wirkten mit einer Beschwerdekampagne auf die örtliche Presse und die Sponsoren des Karnevalszuges derart massiv ein, dass die Stimmung in der Presse kippte und die Geldgeber das inzwischen angefertigte Motiv “ersatzlos” streichen ließen. Doch dann kam alles anders.

Die Dokumentarfilmerin Ricarda Hinz hat den als “Düsseldorfer Kruzifix-Skandal” bezeichneten Vorfall in einer 42-minütigen Dokumentation unter dem Titel “Kruzifix – kurz vor der Endzeit” verarbeitet. Der Film ist ein ausgezeichnetes Lehrstück über religiös verletzte Gefühle, Intoleranzen und aggressive Nazi-Vergleiche, über vermeintliche gesellschaftliche Stimmungslagen, die sich hinterher in Luft auflösen und über abgedrehte Reportagen, die ungesendet in öffentlich-rechtlichen “Giftschränken” verschwinden. Letztendlich jedoch ist der Dokumentarfilm auch ein lehrreiches Beispiel dafür, wie man sich mit trickreichen Möglichkeiten den zornigen und verängstigten Verbotsforderungen nicht so ganz beugt.

1996 wurde der sehenswerte Film in einem Düsseldorfer Kino uraufgeführt.

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