Endrikat, Fred (1890-1942)
Ein Mann steht vor dem Warenhaus.
Die Menschen gehen ein und aus.
Sie gehen aus – sie gehen ein.
Der Mann steht draußen ganz allein
Mit einem Hündchen an der Hand.
Die Frau kauft drin ein Gummiband.
„Ein kleines Stückchen Gummiband
Brauch’ich“, so sprach sie – und verschwand.
Zuvor gab sie ihm ganz charmant
Die Hundeleine in die Hand,
Lächelt‘ sehr freundlich und verschwand.
Nun kauft sie drin das Gummiband.
Die Glocke schlägt die Mittagsstund.
Der Mann steht draußen mit dem Hund
Und wartet vor dem Warenhaus.
Die Menschen gehen ein und aus.
Sie gehen aus – sie gehen ein.
Der Mann steht draußen ganz allein,
Die Hundeleine in der Hand.
Die Frau kauft drin ein Gummiband.
Der Mann geht wartend hin und her,
Sein Magen knurrt, er hungert sehr.
Er wandelt her – er wandelt hin,
Der Bart sprießt ihm schon aus dem Kinn.
Die Glocke schlägt die Vesperstund.
Der Mann steht draußen mit dem Hund
Und wartet vor dem Warenhaus.
Die Menschen gehen ein und aus.
Sie gehen aus – sie gehen ein.
Der Mann steht draußen ganz allein,
Die Hundeleine in der Hand.
Die Frau kauft drin ein Gummiband.
Dem Manne wuchs bereits ein Bart.
Der Hund hat sich indes gepaart.
Es brach die dunkle Nacht herein.
Noch immer steht der Mann allein,
Die Leine in der welken Hand.
Lallt wie im Fieber: „Gummiband.“
Er wankt mit schlotternd müden Knien –
Halb zieht er ihn – halb sinkt er hin.
Es flimmert vor den Augen ihm.
Die Glocke schlägt dreiviertel siem.
Da huscht sie leichtbeschwingt hinaus
Zu Mann und Hund vors Warenhaus.
Sie lacht mit strahlend heller Mien‘
„Hast du gewartet?“ fragt sie ihn.
Er murmelt schwer und lebensmüd:
„O nein,“ Dann seufzt‘ er – und verschied.
So gingen denn ein Mann nebst Hund
An einem Gummiband zu Grund.